Zum Inhalt (Access key c)Zur Hauptnavigation (Access key h)Zur Unternavigation (Access key u)
Schriftvergrößerung
AAA

17. Jh.

Das Jahrhundert ist geprägt von militärischer Präsenz, Zerstörung und Tod. Abermals wird die jüdische Gemeinde Opfer von Unruhen. Schwedische Truppen zerstören die Vorstädte. Die Pest wütet unter den Wormsern. Den Untergang bereiten 1689 französische Truppen: Worms wird niedergebrannt, wenige Monate später wird auch Pfeddersheim zerstört.

  • Frühe Neuzeit
  • der Dreißigjährige Krieg tobt in Deutschland
    (1618 - 1648)
  • der "Sonnenkönig" Ludwig XIV. regiert Frankreich (1643 -1715)
  • Hexenverfolgung in Europa ist auf ihrem Höhepunkt (bis 1650)
  • türkische Truppen belagern Wien (1683)
  • weltweit gründen England, Niederlande und Frankreich Kolonien
  • Sklavenhandel von
    Afrika nach Nordamerika

1601 - 8. September
Nach Mitternacht wird ein Erdbeben von solcher Stärke verspürt, dass die Glocken von selbst zu läuten beginnen.

1606 - 2. Mai
Die Jesuitenpatres August Turrian und Gisbert Bernardi aus Speyer wirken in Worms. Sie übernehmen Predigt und Katechese zunächst in einer der Pfarrkirchen, ab 1608 im Dom.

Um 1607
Die Saalstiege, eine für das Verfassungsleben der Stadt bedeutende Freitreppe vor dem Bischofshof, wird durch einen Proklamationsaltan ersetzt. Die Verlesung von Rechtsakten wird nun von diesem Altan aus vorgenommen.

1609 
Um den Versuchen des Magistrats, ihre dauerhafte Niederlassung in der Stadt zu verhindern, entgegenzuwirken, lassen sich die Jesuiten von Kaiser Rudolf II. durch ein Privileg alle Rechte einräumen, die der übrige Wormser Klerus inne hat. Bischof Wilhelm überträgt ihnen das Haus ”Zum roten Kolben”, die Kurie des Dompredigers und die Domschule. Das Domkapitel bewilligt ihnen am 23.12. einen jährlichen Unterhalt für die Ausübung des Predigeramts.

1613 - 22. April 
Bischof und Domkapitel schließen mit dem Ordensgeneral der Jesuiten den Gründungsvertrag für das Jesuitenkolleg. Die Jesuiten verpflichten sich, drei Klassen für den Lateinunterricht einzurichten und im Dom zu predigen.

1615 - April (Ostermontag)
Im Gefolge sozialer Unruhen, begründet einerseits durch Spannungen zwischen dem von den Zunftmeistern besetzten Gemeinen Rat und dem regierenden Magistrat und andererseits durch die Verschuldung der Handwerker bei der Judenschaft, die das gesamte Kredit- und Darlehensgeschäft sowie den Pfandhandel in den Händen hat, kommt es zum Aufruhr gegen die Juden. Sie werden über den Rhein vertrieben, ihre Häuser in der Judengasse geplündert und zerstört. Die Synagoge wird zum Teil abgerissen, auf dem Friedhof werden Grabsteine umgestürzt und zerschlagen.

1616 - 20. Januar
Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz sorgt militärisch dafür, dass die Juden wieder nach Worms zurückkehren können. Kurpfälzische Truppen ermöglichen die Durchführung der Exekution gegen die Rädelsführer in den Zünften. Die Anführer erhalten Stadtverweis und werden von dem Scharfrichter mit Ruten zum Tor herausgetrieben. Die Juden erhalten
Schadensersatz durch die Stadt.

1618 - 10. Juni
Kurfürst Friedrich von der Pfalz verlegt den Pfeddersheimer Jahrmarkt auf den Tag Maria Himmelfahrt (15. August).

1618 - 7. Mai
Der Rat veranstaltet eine Grenzsteinbesichtigung des rechten Bürgerfeldes. Er lädt den Dreizehnerrat, Bürgermeister, Stadtadvokaten, prominente Bürger, die Pörtelmeister und die Schüler des Gymnasiums ein. Auf bekränzten Rollwagen zieht man zum Rhein, dort setzt man über. Nach einer Ansprache des Ratsschreibers an der Hofheimerweide werden die Marksteine besichtigt und ein Mahl im freien Feld abgehalten. Es schließen sich Belustigungen, Musik und Wettrennen an. 

1620
David ben Joshua Joseph Oppenheim ermöglicht durch umfangreiche Stiftungen den Wiederaufbau der Männer- und Frauensynagoge.

1620 - 14. Oktober
Prinz Heinrich Friedrich von Oranien kommt mit 5000 Mann zu Pferd und 6000 Mann zu Fuß, sowie 20 Geschützen bei Worms über eine eigens dafür geschlagene Brücke über den Rhein.

1621/22
Das Regiment zu Fuß des Obersten Burkard von Waldmannshausen lagert vor Worms.

1622 - 18. August
Die Stadt, unter dem Befehl von Erzherzog Leopold (Bruder Kaiser Ferdinand II.) erhält eine Besatzung von 2400 Mann.

1623/24
Die Jeschiwa (das als ”Raschi-Kapelle” bezeichnete Lehrhaus) wird als Anbau an die Westwand der Männersynagoge mitsamt dem Raschistuhl fertig gestellt. Stifter ist David ben Joshua Joseph Oppenheim. Ferner lässt er auf eigene Kosten auf dem Friedhof das Leichenwaschhaus, die Mauer sowie die Tafel mit dem Totengebet neben dem Eingang erneuern.

1625
Zur Erinnerung an die Einrichtung des Dreizehnerrates im Jahre 1526 wird der sogenannten Dreizehnerratstaler geprägt.

 

1632 - 16. Mai
Die Schweden unter ihrem Oberst Haubold machen das Karmeliterkloster mitsamt der Kirche und der St. Annakapelle dem Erdboden gleich. Die Karmeliter verlassen daraufhin Worms und kehren erst 1657 zurück, als Bischof Hugo Eberhard sie in die Stadt aufnimmt und ihnen die Stephanskirche zum Gebrauch überlässt. 

Zwischen 1632 und 1644
zerstören die schwedischen Truppen die Vorstädte und brennen die gesamte Anlage des Heilig-Geist-Hospitals vor der Leonhardspforte an der Straße nach Speyer nieder. 

Um 1634
Nach der schwedischen Niederlage bei Nördlingen brechen die trotz des Krieges noch vorhandenen Reste von Stabilität und Ordnung zusammen. Erst nach 1680 kommt es zu einer allmählichen Erholung.

1635
Gemäß der mit dem kaiserlichen Befehlshaber Gallas geschlossenen Übereinkunft wird die kaiserliche Garnison in Worms einquartiert. Die schwedische Besatzung zieht ab.

1637
Die im Krieg zerstörte Amanduskirche wird den Kapuzinern überwiesen. 

1644
Französische Truppen des Marschalls Turenne besetzen die mit Flüchtlingen überfüllte Stadt. Die Franzosen bestehen gegen Einwände des lutherischen Magistrats darauf, für die reformierten Flüchtlinge aus dem Umland, unter denen auch reformierte Pfarrer sind, Gottesdienste zu gestatten. Diese hält die reformierte Militär- und Flüchtlingsgemeinde zunächst in Privathäusern, dann im Tanzhaus, von den Reformierten als ”Eisenhaus” bezeichnet, am Obermarkt ab. Dann werden sie in den Schönauer Hof in der Wollgasse gelegt. Die Pfarrei der reformierten Militär- und Flüchtlingsgemeinde besteht bis zum Jahr 1650.

Ab 1646
wird der als lutherischer Friedhof vor der nördlichen Stadtmauer zwischen Graben und dem Remeyerhof, einem ehemaligen Wilhelmitenkloster, gelegene Gottesacker mit gleichnamiger Kapelle, nach dem Patron St. Stephan oder Pestfriedhof genant, Eigentum der Bischöfe von Speyer.

1647 - 20. Juni
Der Rat erlässt eine Kranenordnung über das Ein- und Ausladen von Schiffsgütern am Rhein und setzt die Taxen für die Waren fest.

1650 - 14./24. Oktober
Der Wormser Rat willigt in einen Vertrag mit dem Ordensoberen der Kapuziner in den bereits begonnen Klosterneubau ein. Gleichzeitig legt er die Höchstzahl des Konvents auf zehn Personen fest. Der Konvent geht in Worms seelsorgerischer Tätigkeit nach und übernimmt häufig Vertretungen in den städtischen Pfarreien. 

1652 - 5. Januar
Der Rhein führt Hochwasser, so dass man mit dem Nachen von der Stadtmauer bei der Viehpforte an durch das Ried bis nach Heppenheim an der Bergstraße fahren kann.

1654 - 12. August
Eine große Sonnenfinsternis lässt am hellen Tag die Sterne am Himmel erkennen.

1659
Auf das Angebot des reformierten Kurfürsten Karl Ludwig von der Pfalz, seine Residenz und einen Teil der Universität zeitweilig von Heidelberg nach Worms zu verlegen, geht man trotz finanzieller Not in Worms nicht ein. Zum einen will man sich als freie Stadt nicht einem Landesfürsten - zumal einem reformierten - unterordnen, zum anderen auch nicht das überkommene Zunftsystem gegen die kurpfälzische Gewerbefreiheit aufgeben. 

1663 - 13. März
Auf dem Reichstag zu Regensburg, wo er den Vorsitz führt, stirbt Bischof Hugo Kratz von Scharffenstein. Auf seinen Wunsch hin wird er in der Liebfrauenkirche begraben.

1665 - 29. August
Der 17-jährige Konrad Seidenbender, Gymnasiast und Sohn des Altbürgermeisters Johann Friedrich Seidenbender, wird wegen zahlreicher Brandstiftungen gemäß Urteilsspruch auf dem Rabenstein enthauptet.

1666/67
Eine Pestepidemie rafft mehr als 1000 Menschen hinweg. Darunter sind fünf Mitglieder des regierenden Dreizehnerrates und zwei oder drei lutherische Pfarrer. Die Bevölkerung schrumpft auf etwa 3000 Personen.

Um 1667
Die jüdische Bevölkerung umfasst ungefähr 500 Menschen.

1668
In Worms verkehrt eine Ordinari- oder Landpost von Worms über Mannheim nach Heidelberg. Die Landpost verbindet Worms mit seinen Nahcbarorten und mit Hauptverkehrsknotenpunkten links und rechts des Rheines.

1668 - 21. September 
Kurfürst Karl Ludwig von der Pfalz und seine Gemahlin besuchen bei ihrem Aufenthalt in Worms eine Komödien-Aufführung in der Wormser Jesuitenschule.

Um 1675
bauen die Jesuiten ihr neues Kollegium mit eigener Kapelle. Bis zu diesem Zeitpunkt diente die Nikolauskapelle als Gotteshaus des an der Seminariumsgasse gelegenen Jesuitengymnasiums. Am 31. Oktober 1676 weiht Bischof Damian Hartard von der Leyen die Hauskapelle (St. Josephskapelle) des Jesuitenkollegs ein.

1685 - 23. September
Johann Friedrich Seidenbender, Advokat, wird in den Dreizehnerrat aufgenommen.

1688 - 27. Oktober
Der Marquis de Chamley, Berater des Kriegsministers Louvois, spricht sich in einem Entfestigungsplan für die Erhaltung der Stadt Worms aus, um einen Stützpunkt zwischen Philippsburg und Mainz zu besitzen.

1688 - Spätjahr
Französiche Truppen stehen vor den Stadttoren. Angesichts des ungenügenden Verteidigungszustandes schließt der Magistrat mit den Franzosen eine Kapitulation ab. Durch diese werden der Stadt alte Rechte garantiert, ausgenommen das Obrigkeitsrecht über die Juden. Eine französische Besatzung bezieht in der Stadt Quartier.

1688 - 11. November
Die Juden erlangen gegen entsprechende Geldzahlung von Marschall Duras einen Schutzbrief, der sie vor Übergriffen der Soldaten bewahren soll. Sie schlagen den Brief an die Judentore und das Friedhofstor. Als sie das kaiserliche Wappen am Judentor gegen das französische Königswappen austauschen, wirft ihnen der Dreizehnerrat später Verrat vor.

 

1689 - Frühjahr

Auf Befehl des Generals Tessé müssen trotz aller gegenteiliger Versprechungen die Einwohner die Befestigungen schleifen. Einige Türme und Mauern an der sumpfigen Rheinfront bleiben ausgenommen.

1689 - 22. Mai
Der Kriegsintendant teilt dem Klerus und dem Magistrat mit, dass alle Einwohner innerhalb von sechs Tagen die Stadt verlassen müssen. Die Bevölkerung wird angewiesen, sich nach Westen in Sicherheit zu bringen. Die Flucht in rechtsrheinisches Gebiet wird ausdrücklich  untersagt. Der Rat und viele Bürger halten sich allerdings nicht daran und fliehen heimlich über den Rhein, andere bleiben in der Stadt.

1689 Mai 30 (Pfingstmontag)
In der von Lutheranern benutzten Dominikanerkirche predigt der lutherische Pfarrer Johann Philipp Schild. In der Predigerkirche findet ebenfalls eine Betstunde statt.

1689 - 31. Mai 
Petrus Dorn, Dekan des Martinsstifts, lässt um die neunte Stunde die Glocken zum letzten Hauptgottesdienst läuten. Fürstbischof Johann Carl von Frankenstein muss den Bischofshof am Dom verlassen und in einer Kutsche nach Dirmstein fahren. Später gelangt er nach Frankfurt, wo er 1691 stirbt. 

Um vier Uhr wird mit Trommelwirbel auf Befehl von General Mélac das Signal zur Zerstörung von Worms, Speyer und Oppenheim durch Brandlegung gegeben. Durch Sprengungen und mit Hilfe vorbereiteter leicht entflammbarer Materialien wird in der weitgehend aus Fachwerkhäusern bestehenden Stadt ein Feuersturm entfacht. Sämtliche öffentliche Gebäude, Spitäler, Kirchen, Klöster (ausgenommen Mariamünster im Süden und Kapuziner im Norden der Stadt) und 964 Bürgerhäuser verbrennen.

1689 - 5. Juni
Johann Jakob Rust (1641-1698), Angehöriger der Rauten-Gesellschaft, lutherischer deutscher Schulmeister und Kantor an St. Magnus, lässt im Frankfurter Exil ein Gebet drucken, dass die Wormser Schulkinder wochenlang an Sonn- und Feiertagen in der Magnuskirche sowie täglich in der Schule für die Erhaltung der Stadt gebetet haben "Wormbsischer Kinder hertzliches Kyrie Eleyson".

1689 - 24. September
Pfeddersheim wird durch französische Truppen zerstört.

1689
Wegen Auseinandersetzungen mit dem Stättmeister Meckel distanziert sich Johann Friedrich Seidenbender von dem Dreizehnerrat, in den er 1694 zurückkehrt. Er widmet sich dem Wiederaufbau der Stadt und verfasst die programmatische Schrift ”Vorschläge für die  Wiederaufrichtung der Stadt Worms” (Titel aus späterer Zeit), in der er vor allen Dingen auch auf die Wiederbevölkerung der Stadt eingeht. 1698 wird Seidenbender kaiserlicher
Hofpfalzgraf. 

1690
Johann Philipp Schild (1654-1726), von 1683-85 Konrektor der städtischen Lateinschule, 1685-1691 Pfarrer in Worms, hält auf der Insel Maulbeerau gegenüber Worms für die dorthin geflüchteten Wormser Gottesdienst, tauft und beerdigt.

1690 - 20. Mai
Der Zimmermeister Peter Hamann, Mitglied des gemeinen Rates, legt dem nach Frankfurt geflüchteten Dreizehnerkollegium seine Zeichnungen vom Aussehen der Stadt Worms vor und nach der Zerstörung vor.

1691
Pfarrer Textor hält in der ausgebrannten Magnuskirche unter freiem Himmel einen Gottesdienst ab. 

1695
Es leben in den Ruinen der Stadt nur noch 1000 Menschen, darunter 116 bzw. 118 Zunftmeister mit Bürgerrecht, 24 Witwen und 53 Beisassen.

1695/96
Der nach Frankfurt ins Exil gegangene Rat lässt in einer als ”Aestimation” bezeichneten Schadensberechnung die der Stadt zwischen 1688 und 1696 entgegen der Kapitulation die durch Raub und Brand entstandenen Schäden zusammenstellen. Soweit der Gesamtschaden überhaupt berechenbar ist, wird er mit 3.009.020 Reichsthaler angegeben. 

1697 - 19. Dezember
Die Wormser Katholiken veranstalten zur Feier des Friedens von Rijswijk eine Prozession vom Dom durch die Speyerer Straße zum Kloster Maria Münster. Der Magistrat, der regierende Dreizehnerrat, kehrt bald darauf aus dem Exil in Frankfurt in die zerstörte Stadt zurück. 

1699 - 7. Juni
Durch Vertrag werden die Juden wieder zur Ansiedlung in der Judengasse zugelassen. Außerdem wird ihnen zugestanden, die zerstörte Synagoge zu erneuern. Die Leibeigenschaft der Wormser Judenschaft wird aufgehoben, sie dürfen sich jetzt "Schutzverwandte" oder "Hintersassen" nennen.

1699 - 13. Juni
Stättmeister, Bürgermeister und Rat schließen mit neun Vertretern der reformierten Einwohner einen Vertrag, der den Reformierten das Recht zur Bildung einer Gemeinde, das Recht zur Abhaltung von Gottesdiensten sowie die Zulassung zum Bürgerrecht gestattet. Der Rat verspricht sich von den Reformierten vor allen Dingen wirtschaftliche Impulse. Vom Rat und somit von der politischen Tätigkeit bleiben Juden, Katholiken und Reformierte
jedoch ausgeschlossen.