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Familie Straub aus Worms

Zu den wenigen Wormser Familien, die bereits vor der Stadtzerstörung von 1689 hier ansässig waren, zählen die Straub. Acht Generationen von ihnen arbeiteten im Baugewerbe. Sie haben 300 Jahre lang beim Errichten zahlreicher großer und kleiner, öffentlicher und privater Bauten in Worms und Umgebung mitgewirkt.

Daran erinnern der Aufsatz „Die Wormser Familie Straub“ in der „Pfälzisch-Rheinischen Familienkunde“, Band 14, Heft 9, 2001, und die Ergänzung „Das Europa-Haus“ in „Worms 2013“, Heimatjahrbuch für die Stadt Worms.
(Diese Texte verfasste Til Schrecker, der mit Ursula geb. Straub verheiratet ist.)

Familien, die sechs oder mehr Generationen in einer Stadt lebten, haben Seltenheitswert, denn dort starben sie rascher aus als auf dem Land, weil die Ansteckungsgefahr bei Pest, Pocken oder Cholera größer war.2

Gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges, der die Bevölkerung Deutschlands und seiner deutsch sprechenden Nebenländer von etwa 24 Millionen auf nur noch sechs Millionen reduzierte2, ließen Georg Straub und seine Ehefrau Anna Maria aus Beindersheim am 10.Juli 1647 in Worms ihren Sohn Joh.Bartholomäus taufen.3

 

Acht Generationen im Baugewerbe tätig

Dieser wird 1675 als Rheinmüller und 1681 als Dörnersmüller4 erwähnt und war auch als Walkmüller sowie Mehlhändler tätig, ehe er am 11.4.1714 in Worms im Alter von 77 Jahren starb. Aus drei Ehen hinterließ er zahlreiche Nachkommen, von denen viele im Baugewerbe arbeiteten.

Die Herkunft der Wormser Straubs ist noch nicht geklärt. Sie kann in Süddeutschland5 bzw. der Schweiz6 vermutet werden.

Berufliche Beziehungen weisen nach Speyer, wo in den Protokollen des Domkapitels von 1500 bis 15177 ein Paulus Straub, Bürger und Müller, sowie ein Hans Straub, der Kornzins zahlt, genannt werden.

Worms wurde im Pfälzischen Erbfolgekrieg am Pfingstdienstag, dem 31.Mai 1689, von französischen Truppen „abgebrandt und Total Ruinirt“8, weil diese die Stadt gegen ein heranrückendes Heer der Reichsstände nicht verteidigen konnten und den Deutschen keinen Stützpunkt überlassen wollten. Speyer und Oppenheim erlitten am gleichen Tag ein ähnliches Schicksal.

Der Wiederaufbau unter Leitung des Ratsmitglieds Johann Friedrich Seidenbender (1650-1712) dauerte Jahrzehnte. Für Bauleute war also reichlich Arbeit vorhanden. Wahrscheinlich entschloss sich deshalb Johann Straub, der Sohn des Müllers Bartholomäus, als Kärcher und Bauknecht seinen Lebensunterhalt zu verdienen, dass heißt statt Mehlsäcken Baumaterial auf einem in der Mundart des Südwestens „Karch“ genannten zweirädrigen Wagen oder Karren9 zu transportieren.

1722 bat er den Rat der Stadt Worms um „Beförderung der Miltenbergerschen Rechnung“. Aus der Miltenbergerschen Erbmasse hatte er nämlich noch 6 fl (Florin = Gulden) zu bekommen.10

1726 erhielten Johann Straub und seine Frau Anna Margaretha geb. Rosenkranz von Wachenbach im Hanauischen das Bürgerrecht.11 Vater Joh.Bartholomäus war nur Beisasse gewesen.12
Johanns Sohn, der Beisasse Joh. Georg Straub, bekam am 1. August 1760 vom Rat der Stadt Worms den „Consens zur Erkaufung des verstorbenen Beisassen Ludwig Hirschen Häusgen am Eich Pförtgen“.13
Dessen Neffen Joh. Christoph (1764-94) und Friedrich Ludwig Straub (1766-1808) waren die ersten Maurer in der Familie.

Joh. Christophs Sohn Heinrich Adam Straub bringt es dann zum Maurermeister in Worms. Am 28.03.1834 ersucht er den Stadtrat, ihm die Einrichtung einer „stillen und soliden“ Wirtschaft im Garten an der kleinen Klostergasse, den er von der Witwe Trautwein gepachtet hat, zu genehmigen.

Seinem Vetter, dem Holzhofaufseher Joh. Georg Straub, wurde am 19.07.1837 gestattet, im Holzhof des Cornelius Heyl eine Wirtschaft zu betreiben. Beide bemühten sich um einen Nebenerwerb, da sie in ihrem Beruf anscheinend nicht genug verdienten.

Heinrich Adams Sohn Johann Straub (1816-72), der am 17.02.1842 beim Hessischen Kreisrat sein Patent als Maurer beantragt hatte, bat am 3. Juni 1868 die Großherzogliche Bürgermeisterei Worms um die Erlaubnis, „während der Dauer der demnächst stattfindenden Feierlichkeiten wegen Enthüllung des Lutherdenkmals“ in dem geräumigen Hofe seines in der Schulgasse gelegenen Wohnhauses Nr. 7 „ Wirthschaft zu betreiben“, was zwei Tage später genehmigt wurde.Seine Witwe aus 2. Ehe, die aus Trippstadt stammende Charlotte Straub geb. Larouette, muss im Juli 1873 um Schuldenerlass nachsuchen, da Johann ihr, wie sie schreibt, „nicht nur die Sorge für unsere unerzogenen Kinder, sondern auch einen nicht unbedeutenden Schuldenberg“ hinterließ.
Das dritte von Johanns acht Kindern, der Bildhauer August Heinr. Straub, geboren in Worms am 13.08.1843, heiratete am 17.04.1869 in Hohenecken die dort 1847 geborene Christina Bausch und wurde Stammvater der Straubs in Kaiserslautern, wo er am 14.02.1898 als Gipsermeister starb.

Der Wormser Maurer Johann Philipp Straub (1801-1850) heiratete am 9.05.1824 Maria Elisabeth Antz, Tochter des Wagnermeisters Georg Friedrich Antz aus der bekannten Pfeddersheimer Familie.14
Im alten Durchgang unter der Bundesstraße 47 beim rechtsrheinischen Vorort Rosengarten befindet sich ein rankenverzierter Schlußstein mit der Inschrift „Johann Straub 1837“, der sich auf ihn beziehen könnte.15
Sein ältester Sohn Jakob I. (1824-92) war im gleichen Beruf tätig. Am 29.12.1848 bescheinigte Kreisbaumeister Klaus:

„Dem Maurer Jacob Straub aus Worms wird hierdurch das Zeugniß ertheilt, daß er bei der im Maerz 1847 vorgenommenen practischen und der im December 1848 abgehaltenen theoretischen Prüfung genügende Befähigung zum Betriebe des Mauerer Handwerks nachgewiesen hat.“

Am 23. März 1849 erhielt er von der Großherzoglich Hessischen Regierungscommission in Mainz sein Gewerbspatent als Maurer, ausgefertigt von dem Wormser Bürgermeister Ferdinand Eberstadt.
Er arbeitete am Bau der pfälzischen Ludwigsbahn mit und wohnte 1855 mit seiner siebenköpfigen Familie in Mundenheim.16 Seine erste Frau Katharine geb. Webel17 starb am 23.08.1855 in Ludwigshafen nach der Geburt ihres 9. Kindes.

Am 19.08.1858 schloss Jakob Straub in Nordheim bei Worms eine zweite Ehe mit der 18jährigen Anna Christine Kipper,18 aus der als 7.Kind der Wormser Bauunternehmer Jakob Friedrich Straub (27.05.1866 – 1938) hervorgeht. Die Mutter stirbt am 3.08.1866.
Jakob I. heiratet nach zwei Jahren ein drittes Mal wieder eine junge Frau, Ottilie Debus aus Mettenheim.
Ihre beiden Söhne Joh. Philipp (1871-1954) und Franz (1883-1972) lernen beim Vater das Bauhandwerk.
Töchter aus seinen früheren Ehen schickt Jakob nach Frankreich. Louise Johanne (1850-1932) lebte, nachdem sie am 1.09.1871 in Worms einen unehelichen Sohn Wilhelm geboren hatte, mit ihrem späteren Ehemann Jean André Nast in Paris.19 Auguste, geb. 1864 in Worms, wurde mit dem Zimmermann Sanssoulet verheiratet.

Die beiden Söhne aus Jakobs erster Ehe starben schon wenige Wochen nach ihrer Geburt. Aus der zweiten Ehe wuchs von drei Söhnen nur der bereits genannte Jakob Friedrich auf. Er übernahm das väterliche Baugeschäft in der Wormser Paulusstraße.

Für den ältesten Sohn aus der dritten Ehe, Joh. Philipp, wurde 1897 eine eigene Baufirma gegründet. Diese führten dessen Söhne Philipp und Jakob sowie später Enkel Werner Straub weiter, bis sie 1997 im hundertsten Jahr ihres Bestehens an den Wormser Bauunternehmer Helmut Burkhardt verkauft wurde.
Das ältere Geschäft in der Paulusstraße, nacheinander im Besitz von Konrad, Horst und jetzt Herbert Straub, besteht in kleinem Umfang noch fort.

Zu Ende gegangen ist jenes andere Wormser Bauunternehmen, welches von dem Maurermeister Joh. David Straub (1819-98) begonnen wurde. Er erhielt am 1.03.1842 sein Patent als Maurer. Der wie alle seine Vorfahren Evangelische heiratete 1843 die Katholikin Elisabeth Römer und ließ ihre sechs Kinder katholisch taufen. Die katholische Gemeinde in Neuhausen betraute ihn daraufhin mit dem Bau der Cyriakuskapelle in neugotischem Stil, welche 1880 geweiht wurde.20 Bereits 1870-75 war ein Getreidemagazin in der Judengasse nach seinen Plänen in die neuromanische Levy´sche Synagoge umgebaut worden.21 1877 erbaute er das Eckhaus Kaiser-Wilhelm-Straße / Karmeliterstraße.

Seine Söhne Wilhelm (1846-96) und Ferdinand Straub (1855-1917) führten das Baugeschäft (Martinsgasse 9 bzw. Ludwigsplatz 3) fort. Wilhelm zählte 1890 zu den fünfzig Höchstbesteuerten im Kreis Worms,22 sein Sohn David II (1876-1935) zu den hundert Höchstbesteuerten. Dessen Sohn Wilhelm Straub II (1905-85) studierte an der TH Darmstadt, leitete das Wasser= und Schifffahrtsamt in Worms und starb als Ltd.Reg.Baudirektor a.D. beim Wasser= und Schifffahrtsamt in Mainz. Sein ältester Sohn Dipl. Ing. Jochen Straub (1936-2000) baute Hafenanlagen in Persien, als der Schah dort noch herrschte.
In Worms haben die Straubs 300 Jahre lang beim Errichten zahlreicher großen und kleinen, öffentlichen und privaten Bauten mitgewirkt.23 An ihre bemerkenswerte Leistung soll dieser Aufsatz erinnern.

Anmerkungen

1) Armknecht, Karl-Heinz: Alte Wonnegauer Familien, in Wormser Zeitung vom 2.7.1958, Nachdruck in „Der Wormsgau“

2) Roth, August: Das Suchen nach seinen Familienwappen, in Archiv für Sippenforschung, Heft 9, Febr. 1963, S. 63

3) Pate : Meister Barthel, der Hosenstricker, von Westhofen, s. KB. Taufen, Konfirmationen und Trauungen I. Worms, Reformiert 1645-90, S.36, im Archiv der Ev. Gesamtgemeinde Worms, Seminariumsgasse 4.

4) Bezeichnung abgeleitet vom Familiennamen des vorigen Besitzers. Hans Dörner, Müller hinter St.Paul, lässt 1610-19 vier Kinder in Worms taufen, s. luth. Taufbuch der Stadt Worms 1604-23, Stadtarchiv Worms, Abt. 108, Nr.1.

5) Stadt Straubing in Bayern. – Die Vorfahren des Wormser Studiendirektors Josef Straub (1917-95) stammten aus dem Allgäu. – Scherl, Gabriele: Die Familie und Verwandtschaft des Rokokobildhauers Johann Baptist Straub, in Archiv für Sippenforschung, Heft 11, August 1963

6) Christian Straub aus Arbon am Bodensee heiratete am 8.Mai 1581 in Bensheim Margaretha Scholl, T.d.+ Wilhelm Scholl aus Herrnsheim bei Worms (Hessische Familienkunde Bd. 9 Spalte 200). Er war Taufpate des am 16.8.1581 in Bensheim geborenen Christian Eisenlöffel (600 Jahre Eisenlöffel, Fleckeby 2000, S.44).- 1624 heiratete in Bensheim Christman Straub aus Arbon in der Schweiz Anna, die Witwe des + Ratsverwandten Johann Ofenloch (HFK Bd. 9 Sp. 277). - Leonhard Straub, 1550-1608, erster Buchdrucker in St.Gallen (Allgemeine Deutsche Biographie, Bd.36, Leipzig 1893)

7) Die Protokolle des Speyerer Domkapitels, I. Bd. 1500-1517, bearbeitet von Manfred Krebs, Stuttgart 1968. - 1661 heiratet in Speyer Georg Straub, Rheinmüller in Worms, Maria Barbara, T.d.Ratsherrn Johann Maybach.

8) Es geschah am 31.Mai 1689, Beiheft zur Ausstellung „...abgebrandt und Total Ruinirt“ (mit einer Zeichnung der zerstörten Innenstadt von Peter Hamman 1690), Worms 1989

9) Kluge, Friedrich: Etymologisches Wörterbuch, Berlin 1960, S.353

10) Stadtarchiv Worms, Ratsprotokolle, Rp XXVI 33

11) Stadtarchiv Worms, Ratsprotokolle, Rp XXXII 32

12) Zu Rechten und Pflichten von Beisassen und Bürgern s. Reis, Eugen in Pfälzisch-Rheinische Familienkunde Bd. 13,Heft 5, S.233 ff

13) StA Wo, Ratsprotokolle, auch Quelle der folgenden Angaben

14) S. Deutsches Geschlechterbuch Bd.58

15) Auskunft und Foto von Dipl.Ing.Hans Schnellbächer, Bürstadt, 1997

16) Poller, Oskar: Die Einwohner von Mundenheim, DOS Reihe B, Bd. 42

17) Geb. Worms 2.11.1824 als T.d. Flurschützen Johann Webel und dessen Ehefrau Elisabeth geb. Schmahl

18) Kipper, Karl: Geschichte der Familien Kipper, Privatdruck, Wetter-Volmarstein 1976, S.212, ordnet die Ehefrau dem Herkunftsort Dalberg/Bingen zu.

19) Auskunft von Ururenkelin Isabelle Jaupart geb. Nast

20) Spille, Irene: Denkmaltopographie der Stadt Worms, Worms 1992, S. 254 f

21) Reuter, Fritz: Worms 1800 – 1882, Worms 1993, S. 96

22) Armknecht, Karl-Heinz: Kegler im alten Worms, in Wormser Monatsspiegel Okt.1973, S. 4-7, darin eine Fotografie von Fritz Winguth um 1880, die Maurermeister Straub, die Zeitschrift „Gartenlaube“ lesend, inmitten von Keglern aus dem gehobenen, wohlha-benden Wormser Bürgertum zeigt.

23) Außer den bereits genannten beispielsweise : Karmeliterschule, Neuhauser Tunnel, Le-derfabrik Heyl-Liebenau, Kaimauer im Wormser Hafen, Hochwasserdämme, Enttrüm-merung der Wormser Innenstadt nach den Luftangriffen im 2.Weltkrieg, Wiederaufbau der Dreifaltigkeitskirche, Europahaus, Flugplatz.

Bearbeiter: Til Schrecker, Agnesstr.33, 67549 Worms

Veröffentlicht in der „Pfälzisch-Rheinischen Familienkunde“, Bd. 14, Heft 9, 2001