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Johann Heinrich Schäfer II.

Johann Heinrich Schäfer II. ist 1909 in Ibersheim geboren und dort auf dem elterlichen historischen Bauernhof von 1716/17 aufgewachsen. Bereits mit 66 Jahren ist er, viel zu früh, in Mainz 1976 plötzlich gestorben.

Landwirt in Ibersheim und Politiker in Rheinhessen

Von Beruf war er Landwirt, seine Berufung war jedoch die Politik. Er wollte nicht nur auf der elterlichen Scholle hinter den Pferden herlaufen, sondern vorne dabei sein und gestalten. Das ist ihm auch gelungen, wie kaum einem anderen. Er machte gleich zwei politische Karrieren, die im Kontrast standen. Aufgrund seiner Persönlichkeit war er vor dem Krieg und auch danach in verantwortlichen hohen Parteiämtern. Seine politische Heimat fand er letztlich in der CDU und wurde als deren Vorsitzender für den Landkreis Worms gewählt.

Seine Vorfahren auf dem 300 Jahre alten Hof kamen ursprünglich aus der Schweiz. Er und seine Familie fühlten sich dem Allgemeinwohl verpflichtet. Seine eigenen Interessen stellte er dafür wiederholt zurück. Seine Tatkraft wäre im eigenen Betrieb oft notwendig gewesen. Er war für andere da, wie vorher sein Vater mit gleichem Vornamen oder später auch sein Sohn Hartmut. Diese Haltung entstand aus der Verantwortung für die Familie und die Beschäftigten im bäuerlichen Betrieb. Hier wurden Grundwerte und Prinzipien der katholischen Soziallehre in die Tat umgesetzt.

Dafür musste "Hannes", wie man in kurz und anerkennend nannte, sich politisch einbinden lassen. Seine Persönlichkeit war ausschlaggebend für seine Erfolge, nicht die Parteiämter, die eher als Hebel benutzt wurden. Deshalb wundert es Kenner nicht, dass er auch nach dem Krieg wieder zu Mandat und Ehren kam und die gleiche Anerkennung fand wie vorher. Die politischen Inhalte hatten für ihn weniger Gewicht. Er war eher ein Realpolitiker, ein Macher und kein Versprecher. Seine persönlichen und fachlichen Qualifikationen brachte er vor allem in den Fachgremien der Landwirtschaft ein. Auch kannte er den späteren Bundeskanzler Helmut Kohl (* 1930) sehr gut und umgekehrt, denn mit ihm musste er öfter verhandeln, als Kohl noch CDU-Spitzenpolitiker in Rheinland-Pfalz war.

Wie viele andere, hatte Schäfer sich in jungen Jahren von der Motorisierung begeistern lassen und schloss sich der "Motor-SA" an, die es ab Mai 1931 gab. Die Motoren in den Kraftwagen und Motorrädern wurden auch in den Dienst der Politik gestellt, sodass die Propaganda einen starken "Motor" erhielt. Die Fahrer begeisterten sich am Fahren durch das Land und die Partei gleichzeitig an der Verbreitung ihres Gedankengutes mit der Verteilung von Flugblättern. Diese Methode wurde auch mit den "Volksempfängern" angewandt, indem man die moderne Technik politisch nutzte. So wie vieles andere auch wurden auch diese Einrichtungen von den Nazis missbraucht.

Die politische Laufbahn von Schäfer begann eher überraschend, als am 5. März 1933 in Ibersheim die NSDAP 59 % der 227 gültigen Stimmen erhielt. Das Wahlergebnis im Kreis Worms lag damals bei 47 %, in der Stadt Worms bei 42 %. Die zweitstärkste Partei in Ibersheim war die SPD mit 8 %. "Hannes", der örtliche Politiker, war gezwungen die Herausforderungen anzunehmen. Er wurde danach zum Ortsbürgermeister gewählt und war zunächst vom Kriegsdienst durch Unabkömmlichkeitsstellung (UK) verschont. 

Später musste auch er in den Krieg, wie alle anderen, an die Westfront. Die Kombination aus politischen und fachlichen Qualifikationen war anscheinend ausschlaggebend für eine Funktion innerhalb des Reichsnährstandes, einer Organisation der damaligen Agrarpolitik, gewesen. Die Produktion und Verteilung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse mussten genauso bewältigt werden, wie eine funktionierende Rüstungsindustrie.

Die heimischen Arbeitskräfte, die jetzt als Soldaten an der Kriegsfront waren, sind ersetzt worden durch solche aus den militärisch eroberten "neuen Gebieten". Gegen Kriegsende waren in der Landwirtschaft 46 % der Beschäftigten Kriegsgefangene bzw. Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter gewesen.

Eines seiner Hauptaufgabengebiete war, mit dafür zu sorgen, dass auf der russischen Halbinsel Krim eine Basis für Ernährung geschaffen werden konnte. Schäfer war, während der deutschen Besatzungszeit auf der Krim von 1941 bis 1944, Leiter eines ernährungswirtschaftlichen Betriebes und Abteilungsleiter für Ernährung gewesen, mit Ottmar Schweitzer (1911 - 1999) aus Ludwigshafen zusammen, der dort für die Landtechnik zuständig war.

Ihnen unterstand, in der Kornkammer Russlands, ein Gebiet das normalerweise ca. 25 Orte als Gebiets- oder Bezirkslandwirtschaft umfasste. Hartmut Schäfer, sein Sohn, erinnert sich noch, dass das große Gebiet seinem Vater aus dem Flugzeug "Fieseler Storch" gezeigt wurde. Die Verwaltung besorgten einheimische Fachleute. Die Deutschen übten die Besatzungsmacht aus, solange es die militärische Front zuließ. Es war auch ein ehemaliges Siedlungsgebiet von Deutschen mit Mennoniten-Gemeinden gewesen. Der Autor konnte einen Zeitzeugen befragen, der dort im Krieg als Funker stationiert war.

Nach Gefangenschaft und Internierungslagern im Zuge der Entnazifizierung, kehrte Schäfer 1948 wieder nach Hause zurück. In der Zwischenzeit war sein Vater Johann Heinrich Schäfer I., 1946 als Ortsbürgermeister von Ibersheim gewählt worden, denn er war politisch nicht belastet gewesen. Seine christliche Gesinnung als Katholik war im Ort unbestritten. Die gemeinsame Führung des landwirtschaftlichen Betriebes von Vater und Sohn war, bei den Erfahrungen des Jüngeren, nur ein vorübergehender Zustand. "Hannes" strebte nach höherem und dort brauchte man ihn auch für die Vermarktung der landwirtschaftlichen Produkte.

Ab 1953 war er Vorstandsvorsitzender der Spar- und Darlehnskasse Ibersheim, später Geschäftsführer der Markthalle Gimbsheim. In den landwirtschaftlichen Fachverbänden und genossenschaftlichen Gremien wartete man auf seine Redebeiträge, weil seine Meinung gefragt war. Er galt als guter Redner und geschickter Taktiker. Er brachte es als Lobbyist fertig, dass zeitweise auf deutschen Obstkonserven stand: Stärker gesüßt als ausländische Produkte. Damit stärkte er die heimischen Zuckerrübenerzeuger.

Schäfer ist leider sehr plötzlich und viel zu früh gestorben. Die Gesellschaft hätte ihn noch für viele weitere Jahre gut gebrauchen können. Er hatte folgende Funktionen inne:

- Mitglied des Gemeinderates in Ibersheim 13 Jahre, davon 9 Jahre Beigeordneter (CDU)
- Mitglied des Kreistages ab 1960 (CDU)
- Mitglied im Stadtrat von Worms 1969 - 1974 (CDU)
- Ortsvorsitzender der CDU Rheindürkheim - Ibersheim
- Mitglied des Kreisparteiausschusses der CDU
- Mitbegründer des Agrarausschusses der rheinhessischen CDU
- CDU-Kreisvorsitzender des ehemaligen Landkreises Worms

Für Ibersheim war vor allem die Eingemeindung 1969 nach Worms sein Verdienst. Die von ihm ausgehandelten Verträge sind sogar Grundlage und Beispiel für viele andere Eingemeindungen in Rheinhessen gewesen. Gerhard Ritscher (SPD), sein ehemaliger politischer Weggefährte im Ibersheimer Ortsbeirat und im Stadtrat von Worms, nennt Johann Heinrich Schäfer einen Vollblutpolitiker, ein überzeugender Macher, der mit Weitblick vor allem die Infrastrukturmaßnahmen für eine moderne Landwirtschaft vorantrieb bzw. auf örtlicher Ebene maßgeblich umsetzte, wie Flurbereinigung, Wirtschaftswegebau, neue Schule, Feldberegnung, Wasserversorgung und Abwasserentsorgung.

Es war auch folgerichtig, dass Professor Dr. Otto Bardong, als Vorstand des CDU-Kreisverbandes Worms-Stadt, den allzu frühen Tod von Heinrich Schäfer mit 66 Jahren tief betrauerte. In dem Nachruf der Wormser Zeitung vom 11. Juni 1976 kann man noch nachlesen: "Einer der bekanntesten Kommunalpolitiker des einstigen Landkreises Worms, der im Alter von 66 Jahren verstorbene Johann Heinrich Schäfer, wird heute in Ibersheim beigesetzt. …Gelegentlich verkannt, gehörte Johann Heinrich Schäfer doch zu den politisch denkenden Männern, die in Gesprächen etwas zu sagen wissen. Er war aufrecht und respektierte auch die Meinung anderer. … In Agrarfragen kannte er sich besonders gut aus, vom Beruf her und von der Beschäftigung mit agrarpolitischen Fragen."

Alt-Stadtrat Herbert W. Hofmann erinnert sich noch heute an die gemeinsame Zeit mit Johann Heinrich Schäfer in der Wormser CDU.
Auch er hält seinen ehemaligen Parteifreund für einen der wichtigsten Kommunalpolitiker seiner Zeit, für Ibersheim, die rheinhessische Landwirtschaft und für Worms.

Ein Beitrag von: Edmund Ritscher, Mannheim 15.01.2013

 
 
 

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