Ein Verleihsystem für sogenannte E-Scooter hat in Worms jüngst für viel Gesprächsstoff gesorgt. Was hat es nun damit auf sich und wieso sind die Scooter inzwischen wieder verschwunden? Die Stadt bezieht Stellung.
Bis vergangenen Freitag gab es auch in Worms seit wenigen Wochen neben dem etablierten und erfolgreichen Fahrrad-Verleihsystem von „Nextbike“ ein Verleihsystem für sogenannte E-Scooter. Dabei gibt es jedoch abseits unterschiedlicher Geschäftsmodelle der jeweiligen Anbieter auch einen sichtbaren Unterschied: Die E-Scooter wurden in Worms – wie auch in zahlreichen anderen Städten – im so genannten Free-Floating-Prinzip angeboten, heißt: Anders als im Beispiel des Fahrradverleihsystems gibt es keine festen Stationen, an denen die Roller entliehen und wieder abgegeben werden müssen, sondern der Verleihvorgang kann bis auf wenige Ausnahmen überall im Bedienungsgebiet beendet werden.
Hat der Nutzer also sein Ziel erreicht, kann er seinen E-Scooter einfach an Ort und Stelle parken und den Leihvorgang beenden. Zwar sammelt der Anbieter abgelegen oder hinderlich platzierte E-Scooter innerhalb von 24 Stunden wieder ein und bringt sie an zentrale Orte zurück, doch der Ärger um achtlos abgestellte oder gar hingeworfene Roller, die Gehwege blockieren, oder rücksichtslose Nutzer, die durch ihren Fahrstil Fußgänger gefährden, ist in vielen Städten bereits seit Langem groß. In Paris etwa wurde deshalb der Verleih von E-Scootern nach einer Bürgerbefragung im vergangenen Jahr gänzlich verboten. Ein grundsätzliches Verbot ist in Deutschland allerdings nicht möglich.
Nicht verwunderlich ist also, dass das Verhalten einiger rücksichtsloser Scooter-Nutzer unmittelbar nach dem Start auch in Worms für Diskussionen sorgte. In der Verwaltung bewertet man das Angebot so: „Grundsätzlich sind wir offen gegenüber neuen Möglichkeiten, die das Mobilitätsangebot in unserer Stadt erweitern bzw. sinnvoll ergänzen. Wir werden in naher Zukunft selbst ein neues Mobilitätsangebot in den Gremien vorstellen, das sich ebenfalls damit beschäftigt, wie wir Mobilität in unserer Stadt künftig gestalten wollen“, betont Stadtentwicklungsdezernent Timo Horst.
Ein neues Angebot dürfe jedoch nicht dazu führen, dass im Verkehrsraum neue Gefahrenstellen entstünden, die etwa Fußgänger beeinträchtigten. „Wir haben selbst bereits zahlreiche Vorfälle dokumentiert, bei denen E-Scooter so abgestellt wurden, dass mobil eingeschränkte Menschen oder Passanten mit Kinderwagen nicht mehr an dem Hindernis vorbeikamen. Auch in Büschen und Einfahrten haben wir schon Roller gefunden“, berichtet Horst.
Daneben stellt das Nutzungsverhalten an sich in einigen Fällen ein Risiko dar: Auch wenn es ausdrücklich verboten ist, fahren immer wieder besonders junge Menschen zu zwei oder gar zu dritt auf einem E-Scooter oder gefährden andere Verkehrsteilnehmer mit ihrer rasanten Fahrweise.
Zumindest den Ärger um achtlos in den Weg gestellte Roller will die Stadt so schnell wie möglich abstellen. „Wenn sich in unserer Stadt ein E-Scooter-Verleihsystem etablieren soll, kann das nur funktionieren, wenn es festgelegte Stationen bzw. Abstellflächen gibt, an denen die Gefährte abgestellt und entliehen werden können“, erteilt der Stadtentwicklungsdezernent dem Free-Floating-Prinzip eine klare Absage.
Im Hinblick auf die Zukunft des Verleihsystems in Worms ist man nun zumindest einen wichtigen Schritt vorangekommen. In einem gemeinsamen Gespräch mit dem Anbieter habe man kritische Fragen ausgetauscht und erörtert. Anbieter und Stadt wissen nun, was gegenseitig erwartet wird. Der Anbieter hat der Stadt zugesichert, seine Fahrzeuge bis zum 13. September wieder zu entfernen, was inzwischen auch erfolgt ist. In einem zweiten Schritt hat das Unternehmen nun die Möglichkeit, eine Sondernutzung zu beantragen. Die Stadt Worms wird vor allem unter dem Aspekt der Verkehrssicherheit den Antrag prüfen.
Dabei soll klar definiert werden, auf welchen Flächen die E-Scooter abgestellt werden dürfen. „Unser Ziel ist es, eine Lösung zu finden, bei der andere Nutzer öffentlicher Räume so wenig wie möglich beeinträchtigt werden, gleichzeitig jedoch die Attraktivität für E-Scooter-Kunden zu erhalten“, so Horst. Klar ist: Das Modell funktioniert nur dann, wenn ein möglichst flächendeckendes System von Abstellzonen definiert wird und so der Weg zum nächsten freien E-Scooter kurz gehalten wird. Das Abstellen von E-Scootern soll dann nur in diesen Zonen möglich sein. Bei der Festlegung der Abstellflächen gilt es, die Interessen aller Verkehrsteilnehmer zu berücksichtigen, aber eben auch lokale Besonderheiten im Blick zu haben. Das Abstellen von E-Scootern unweit von UNESCO-Welterbestätten muss ebenso unterbunden werden wie das Abstellen entlang der B9, zu groß ist ansonsten das Risiko, dass ein Roller auf der Bundesstraße landet.
Übrigens: Im Frühjahr dieses Jahres hat auch Berlin-Mitte erstmals eine große, zusammenhängende Parkverbotszone eingerichtet, in der keine E-Scooter mehr abgestellt werden können. Dort gibt es seither ein dichtes Netz festgelegter Abstellflächen, an denen der Leihvorgang beendet werden kann. Sorgten in der Vergangenheit auf dem Gehweg abgestellte E-Scooter zunehmend für Unmut, seien sie seit der Umstellung deutlich besser in den Verkehrsmix integriert, was auch die deutlich rückläufige Anzahl an Beschwerden zeige, wie einer der Anbieter berichtet.