Neuhausen
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Zur Geschichte Neuhausens von Karl Johann Brilmayer

Früher Niuhusen (847), Niwihusa (877), Niuhusa (897), Nuhusa (964), Nühusen (1124), Nuwehusen (1207), Nuhusen (1212) genannt, war schon eine Wohnstätte der Römer. An diesem durch Alter ausgezeichneten Ort bauten die merowingischen Könige einen Palast. In diesem Palast hielt sich Königin Brunhilde im Jahr 612 auf. König Dagobert (622-638) bestimmte die Gebäude zu kirchlichen Zwecken, deren dazu gehörige Kirche er zu Ehren des heiligen Märtyrers Dionysius einweihen ließ.

Neuhausen
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Neuhausen scheint schon in römischer Zeit besiedelt gewesen zu sein

Folgt man der Überlieferung des 15. Jahrhunderts haben der merowingisch-fränkische König Dagobert (622-638) und Königin Brunichildis Anfang des 7. Jahrhundert im Gebiet des späteren Stiftes Neuhausen eine Königspalast errichtet. König Dagobert wandelte den Königspalast in eine dem hl. Dionysius geweihte Kirche um, die nach der Überlieferung des Klosters Lorsch im Jahr 847 von Bischof Samuel von Worms (840-856) in ein Stift umgewidmet wurde. Aus Rom überführte Samuel die Gebeine des hl. Cyriakus und gab seiner Neugründung den Namen St. Cyriakusstift. Der Ort Neuhausen entstand in unmittelbarer Nähe des Stiftes. Dem Cyriakusstift flossen in der Folgezeit reiche Schenkungen zu. Unter den Gebern waren die Könige Ludwig der Deutsche (869), Arnulf (897), Ludwig IV. (906), Konrad (1026) sowie die Wormser Bischöfe Burchard, Azecho (um 1030) und Adalbert (1106).

Bischöfe fanden Ruhestätte im Cyriakusstift

Wie angesehen das Cyriakusstift war, zeigt die Tatsache, dass mehrere Bischöfe von Worms sich hier beerdigen ließen. Auch Samuel, der Gründer des Stiftes, fand seine letzte Ruhestätte in den Stiftsmauern, denn 417 Jahre nach seinem Tod, kamen seine Gebeine aus der Lorscher Klosterkirche in die Kirche zu Neuhausen. Am 5.3.1123 weilte Kaiser Heinrich V. in den Stiftsräumen, im Mai desselben Jahres kam er noch einmal hierher. Als 1488 Kaiser Friedrich III. in Worms war, stattete er Neuhausen einen Besuch ab, um die Gebeine des hl. Cyriakus zu besuchen. Auch Maximilian kam 1495 vom Reichtag in Worms mit seiner Ehefrau Maria Blanka nach Neuhausen.

Bis ins 12. Jahrhundert hinein hat Neuhausen die Aufgaben einer Königspfalz erfüllt. Aus dem Jahr 1125 ist überliefert, dass Wormser Bürger in einem Streit deren Befestigungsanlagen zerstörten. Auch das Cyriakusstift war im Mittelalter bis in die frühe Neuzeit hinein von einer ringförmigen Umfassungsmauer, einem Graben und einem vorgelagerten Palisadenzaun umgeben. Dieses Schutzbedürfnis hatte seinen guten Grund: mehrfach wurde das Stift Ziel bewaffneter Überfälle: Im Streit mit dem Erzbischof von Mainz wurden 1242 die Umfassungsmauer (muri) und einige Gebäude vernichtet. Im Jahr 1386 griffen Truppen der nahen Stadt Worms das Stift an. Am 1. März rückten die Bürger mit ihren Fahnen vor das Stift und zerstörten es nahezu vollständig. Dabei müssen die Kirche, die Gebäude und die Befestigungsanlagen großen Schaden erlitten haben. Und noch einmal wurde Neuhausen Ziel eines Angriffs: 1460 wurden Ort und Stift in der Auseinandersetzung zwischen Erzbischof Diether von Mainz und Pfalzgraf Friedrich vom mainzischen Parteigänger, dem thüringischen Grafen von Gleichen, angegriffen und völlig zerstört.

Die mit Blei gedeckte Kirche samt den Gebäuden ging in Flammen auf. Eine Gruppe Söldner drang in das Gotteshaus ein, zerbrach die Kerzen und gelangte schließlich zu der mit Blei verschlossenen Truhe des hl. Cyriakus. Sie rissen die Truhe auf, warfen die Reliquien umher, stahlen das Blei und steckten alles in Brand. Vergeblich versuchten die Stiftsherren sich freizukaufen. Obwohl Stift und Kirche 1479 wieder neu aufgebaut wurden und 1495 Kaiser Maximilian I. der Kollegiatskirche St. Cyriakus sämtliche Freiheiten bestätigte, erholt sich das Stift von diesem Schlag nicht mehr. Im Jahr 1565 wurde Neuhausen von Pfalzgraf Friedrich I. besetzt und der Kurpfalz einverleibt. Das Stift wurde aufgehoben und die Gebäude in eine kurpfälzisch-reformierte Fürstenschule (Collegium illustre) umgewandelt (bis 1615).

Im Jahr 1566 wurde, aufgrund der andauernden Klagen des Wormser Domstiftes auf dem Reichstag in Augsburg die Rückgabe von Neuhausen an Worms verordnet. Die Pfalzgrafen fügten sich aber der Entscheidung des Reichstages nicht und ein weiteres Jahrhundert verging. Erst 1616 gelang es Bischof Georg Friedrich von Worms, sich wieder in den Besitz des Stiftes zu setzen. Aber auch jetzt war noch fast ein Jahrhundert notwendig, bis im Jahr 1708 durch einen Vertrag mit der Pfalz Neuhausen an das Hochstift Worms zurückkam. Bischof Franz Ludwig richtete 1730 in den Gebäuden ein Waisenhaus ein, später dienten die Räume einem Bischöflichen Amt mit Amtskeller und Amtsschreiber als Diensträume. Im Jahr 1793 zündeten die Franzosen bei ihrem Rückzug ihre großen Magazine in Neuhausen an, wodurch das Waisenhaus mit der Kirche und mehrere Gebäude zerstört wurden. (Brilmayer) Die Gebäude sind heute völlig verschwunden, doch blieb der von Wall und Graben umschlossenen Stiftsbering in der Dorfanlage erkennbar.

Baubeschreibung

Die Befestigungen in Neuhausen sind bis auf wenige Reste verschwunden, doch lässt sich der Verlauf von Graben und Wall in der Dorfanlage noch erkennen. Von der ehemaligen Umfassungsmauer des Stifts sind noch an zwei Stellen geringe Reste erhalten: am Kirchvorplatz geht die Grundstückswand zur Stiftstraße 19 auf diese Befestigung zurück. Bei der Stiftsmühle hinter dem Anwesen Schoppstraße 2, am ehemaligen Wasserausfluss der Mühle, sollen Teile der dortigen Mauer, heute von Betonteilen fast verdeckt, Reste der alten Umfassungsmauer darstellen.

Liebenau

Nicht weit von Neuhausen entfernt verfügte das Cyriakusstift über ein stark befestigtes Außenwerk. Aus dem Jahr 1288 ist zu vernehmen, dass Wormser Bürger das Columbarium in Liebenau zerstört haben. Dieses Columbarium, offensichtlich eine regelrechte Burganlage, befand sich in der Hochheimer Gemarkung auf einer von Pfrimm und Mühlbach gebildeten Halbinsel, dort, wo heute die Von-Steuben-Straße und die Holderbaumstraße verlaufen. Der Wormser Bürger Johannes Holderbaum erwarb das Grundstück im Jahr 1292. Seine Schwester Lioba wandte zusammen mit ihrem Ehemann, dem Patrizier Jakob Engelmann, in den folgenden Jahren einen Großteil ihres Vermögens auf, um dort eine Klosteranlage zu errichten und finanziell abzusichern. Nach dem Tod der Stifter (um 1300) fanden beide ihr Grab im Chor der Kirche. Das mit Dominikanerinnen besetzte Kloster erhielt zum Gedächtnis an die Stifterin den Namen Liebenau.

Quelle: Bechtolsheimer 1916, S. 352; Brilmayer 1905, S. 325f.; Cüppers, Römer S.680; Dehio, Rheinland-Pfalz/Saarland 1984, S. 1188; Fabry 1958, S. 20; Schalk 1996, passim; Spille 1992, S. 252-259; Tillmann 1958-61, S.713; Wörner 1887, S. 102-103

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