Seegraben
Seegraben

NSG "Spieß-An der Spießbrücke"

Der ehemalige Altrheinarm bei Worms-Rheindürkheim ist einst in natürlichen Prozessen vom Rhein abgeschnürt worden. Dies fand vor geschätzt 8000 Jahre statt (Erkens et al, Uni Utrecht, 2009). Die Seegrabenniederung mit dem NSG " Spieß-An der Spießbrücke" ist Teil dieses Altmäanders, der sich im Gelände deutlich darstellt. Nach der Renaturierung der Seegrabenaue im Rahmen des "Kooperationsprojektes Seegraben" nutzen eine Vielzahl von besonders und streng geschützten Tierarten das Schutzgebiet als Lebens- und Nahrungsraum.

Historische Entwicklung

Vernässung vor der Renaturierung der Seegrabenaue: Foto im Bereich NSG
Vernässung vor der Renaturierung der Seegrabenaue: Foto im Bereich NSG
© Fotograf: Wolfgang Reich / Stadt Worms

Flussterrassen-Formation während der letzten 20.000 Jahre im Gebiet zwischen Worms-Rheindürkheim und Gernsheim; Querprofile B und C queren die Seegrabenaue bzw. das NSG (Erkens et al, Uni Utrecht, 2009)

Querprofil C-C' : Tiefe Ton- und Lehmschichten der Altrheinrinne bzw. Seegrabenaue im Profilbild links

Die Rheinbegradigung von Tulla, in den Jahren 1828/1829 im Bereich zwischen Worms bis Oppenheim von C. Kroencke durchgeführt, senkte maßgeblich den mittleren Rheinwasserspiegel und damit das Grundwasser im Altmäander des heutigen Seegrabens ab. Nach der Rheinkorrektur wurde die abgeschnürte Altrheinrinne im wesentlichen nur noch regelmässig durch stehendes Druck- und Grundwasser beeinflusst.

Weitere einschneidende Veränderungen wurden in den Jahren 1925 – 1945 durch den „Zweckverband zur Entwässerung der Seebach-Seegrabenniederung“ vorgenommen. Dieser verfolgte im Rahmen des Hessischen Generalkulturplanes das Ziel die entlang der Gewässer vorhandenen Feuchtgebiete in landwirtschaftliche Nutzflächen umzustrukturieren. In diese Zeit fällt die Überleitung des Seebaches nach Rheindürkheim in den Rhein, die Errichtung des Seebach/Seegraben-Teilungswehres und damit die komplette Neuregelung der Wasserverteilung zum Zwecke der Be- und Entwässerung. Diese Verhältnisse wurden vor der Umsetzung des Renaturierungsprojektes im Jahr 2005 angetroffen.

Bis Anfang des 20. Jahrhundert war die Altrheinrinne zumeist landwirtschaftlich nicht nutzbar und stellten sich als Röhrichte mit Feuchtgrünlandflächen dar. Dies belegen zumeist auch die alten Flurnamen, wie z.B. "In den Rohrwiesen" oder auch "Im Bruch über dem Seegraben".

Die geomorphologischen Untersuchungen der Flussterrasse durch die Uni Utrecht ("Fluvial terrace formation in the northern Upper Rhine Graben during the last 20 000 years as a result of allogenic controls and autogenic Evolution"; Erkens et al, 2009) im Bereich der Seegrabenaue bei Worms-Rheindürkheim haben ergeben, dass die Altrheinrinne eine bis zu 8,0 m dicke Ton- und Lehmschicht mit einer nur geringen Kapillarität aufweist und somit eine geringe Versickerung von Grund- und Oberflächenwasser in den Untergrund besteht. Dagegen sind am Gleit- und Prallhang der Altrheinrinne die Flusssande und -kiese mit nur geringen Oberbodenabdeckungen bis fast an die Oberfläche anzutreffen (hohe Versickerung).

Unterschutzstellung / Schutzzweck

Grenze des NSG "Spieß-An der Spießbrücke"

Die Rechtsverordnung für das Naturschutzgebiet "Spieß-An der Spießbrücke" trat am 21.10.1985 in Kraft (Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz vom 21.10.1985, Nr. 40, S. 926).

Das Naturschutzgebiet wurde aus Arten- und Biotopschutzgründen ausgewiesen. Insbesondere die in den 80er Jahren hier noch vorhandenen Feuchtwiesenreste in der ehemaligen Altrheinrinne zählten zu den absoluten Ausnahmeerscheinungen im Worms Stadtgebiet.

Als Schutzzweck wurde in § 3 der NSG-Verordnung "die Erhaltung des Feuchtgebietes mit Wassergräben, Schilfröhricht, Seggenriedern und Feuchtwiesen als Lebens- und Teillebensraum artenreicher, in ihrem Bestand bedrohter Lebensgemeinschaften von Pflanzen und Tieren, insbesondere als Durchzugsgebiet seltener Vögel sowie aus wissenschaftlichen und naturgeschichtlichen Gründen" formuliert.

Das Schutzgebiet umfasst eine Größe von ca. 9,3 ha und ist Teil der ca. 50 ha großen, renaturierten Seegrabenaue.

Entwicklung des NSG nach der Renaturierung des Seegrabens

Nach der Renaturierung im Jahr 2007; NSG im Hintergrund
Nach der Renaturierung im Jahr 2007; NSG im Hintergrund
© Fotograf: Stadt Worms
Vernässung der Seegrabenaue im Jahr 2011 mit Ausschnitt NSG
Vernässung der Seegrabenaue im Jahr 2011 mit Ausschnitt NSG
© Fotograf: Abt. 6.7 / Stadt Worms

In seiner Prägung entspricht das Gebiet weitgehend dem Zustand der Altrheinrinne vor 1936, als durch einen Generalentwässerungsplan die Trockenlegung des Gebiets festgelegt wurde, um landwirtschaftliche Nutzfläche zu gewinnen. Da die damals gewonnenen Ackerflächen weiterhin bei hohen Grundwasserständen oder Starkregenereignissen von Vernässung betroffen waren, wurden ab 2002 mehr als 35 ha Ackerflächen durch die Stadt Worms im Umfeld des Naturschutzgebietes erworben und mit der Seegrabenrenaturierung naturnah entwickelt.

Das Schutzgebiet entwickelte sich nach der Seegrabenrenaturierung im Jahr 2005 von einem frischen bis feuchten Zustand in einen dauerhaft nassen Zustand. Heute kann das Gebiet wieder als Feuchtgebiet angesprochen werden, mit Wassergräben, Schilfröhricht, Seggenriedern, offenen Wasserflächen und Feuchtwiesen. Diese Biotope dienen vielen seltenen Vogelarten als Brut- und Rastplatz .

Das Naturschutzgebiet und die umgebende Seegrabenaue ist zusätzlich eine Teilfläche des Landschaftsschutzgebietes "Rheinhessisches Rheingebiet".

Tier- und Pflanzen

Kampfläufer in der Seegrabenaue
Kampfläufer in der Seegrabenaue
© Fotograf: Eduard Henß
Kiebitz in der Seegrabenaue
Kiebitz in der Seegrabenaue
© Fotograf/Urheber: E. Henß

Das Naturschutzgebiet beherbergt eine Vielzahl von besonders und streng geschützten Tierarten. An Röhricht gebundene Vogelarten wie z.B. Rohrweihe, Blaukehlchen, Drossel- und Schilfrohrsänger belegen den hohen Wert des Gebietes. Enten- und Reiherarten, wie Knäkente, Krickente, Schnatterente sowie Silberreiher, Seidenreiher und, wie im Jahr 2015, der Purpurreiher sind auf den offenen Wasserflächen und deren Übergangszonen zum Schilfröhricht anzutreffen. Diese Biotope dienen vielen seltenen Vogelarten als Brut- und Rastplatz.

Mindestens sechs Amphibienarten (z.B. die Auenamphibienarten Knoblauch- , Kreuz- und Wechselkröte) sowie ca. 250 Vogelarten wurden bereits im Schutzgebiet im Zusammenhang mit der nicht als Naturschutzgebiet ausgewiesenen, renaturierten Seegrabenaue erfasst.

Nach der Biotopkartierung 2007 finden sich im Gebiet drei Pflanzengesellschaften: Phalaridetum arundinaceae, Phragmition australis, Cicuto-Caricetum pseudocyperi. Besondere Pflanzenvorkommen im Gebiet sind die Gerstensegge ((Carex hordeistichos), Bastard-Schwertlilie (Iris spuria), Echter Eibisch (Althea officinalis) und die Salz-Bunge (Samolus valerandi).

Kontakt

Wolfgang Reich
Telefon: 0 62 41 / 8 53 - 35 05
E-Mail Kontaktformular

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