Am 2. Mai 2007 hat der Wormser Stadtrat einstimmig beschlossen, rechts- und linksextremen Aktivitäten durch eine Präventionsstrategie entgegen zu wirken. Zur Umsetzung des Stadtratsbeschlusses soll auch die Information über Veranstaltungen in diesem Themenbereich beitragen.
Fremdenfeindlichkeit ist nicht exklusiv bei Nazis zu finden, sondern auch in der Mitte der Gesellschaft. Mit der "Bierdeckel-Aktion" möchte der Kriminalpräventive Rat der Stadt Worms einen Beitrag zu einer positiveren, gastfreundlichen Atmosphäre leisten. Und wo kann ein aufgeschlossener und respektvoller Umgang untereinander besser gelebt werden, als in den Kneipen, Bars und Restaurants in unserer Stadt?
Worms ist vielfältig. Das gilt nicht nur für die Stadt mit ihren großen Themen wie Nibelungen, Dom, Luther und Judentum, sondern auch für die Menschen, die hier leben. Menschen aus 130 verschiedene Nationen sind hier dehaam, bilden gemeinsam eine gastfreundliche Stadtgemeinschaft.
Eins ist klar: Die Mischung macht's!
"Dieses Gebiet nämlich, das der hochberühmte Rhein, einer der drei bedeutendsten Ströme Europas, durchschneidet, ist reich an Getreide und Wein und bietet eine Fülle von jagdbarem Wild und Fisch und kann daher die Fürsten, wenn sie sich jenseits der Alpen aufhalten, am längsten versorgen."
(aus den Gesta Friderici von Otto von Freising, Chronist Barbarossas)
Carl Zuckmayer beschreibt die Landschaft am Rhein in seinen Texten als „Kelter Europas“, in der sich Menschen unterschiedlichster Herkunft begegnen, miteinander leben, heiraten und Kinder grossziehen: "Es waren die Besten, mein Lieber! Die Besten der Welt! Und warum? Weil sich die Völker dort vermischt haben. Vermischt – wie die Wasser aus Quellen und Bächen und Flüssen, damit sie zu einem großen, lebendigen Strom zusammenrinnen."
Schon vor 7.000 Jahren wurde in Worms gesiedelt. Zu galloromanischer Zeit entstand die Stadt. Um 900 gab es ein Friesenviertel, in dem die Rheinhändler lebten. Nur wenig später wird von einer ersten jüdischen Ansiedlung berichtet. Die Stadt war immer europäisch ausgerichtet und über den Handel mit der ganzen Welt verbunden. Der Wormser Bürgerschaft ging es immer dann gut, wenn es gelang, das Potenzial der vor Ort zusammentreffenden Religionen und Kulturen zu einem kreativen Dialog zu führen. Aus den historischen Konflikten ist das Bedürfnis gewachsen, diesen friedlichen Weg interreligiöser und interkultureller Begegnung weiter zu beschreiten und zu vertiefen und der Gewalt, gleich von welcher Seite, eine Absage zu erteilen.
„Menschenrechtsarbeit“ lautet der Grundsatz, der die Stadt als Markt der Begegnungen ins Auge fasst. Gäste sind willkommen. Es wird dafür Sorge getragen, dass Gäste und Gastgeber Raum und Zeit erhalten, um sich kennenzulernen und ihr Zusammenleben gemeinsam zu ordnen. Insofern ist Worms eine gastfreundliche Stadt, nicht nur, aber insbesondere in ihren Gaststätten.
Zum Ende des Jahres 2012 hatten 82.299 Menschen ihren Hauptwohnsitz in Worms. Und 24.750 hiervon, also 30%, besitzen einen Migrationshintergrund. Was bedeutet das? Migrationshintergrund hat, wer
Daraus ergeben sich vier Kategorien:
I zugewanderte Ausländer
II in Deutschland geborene Ausländer
III zugewanderte Deutsche
IV in Deutschland geborene Deutsche, mindestens ein Elternteil aus I-III
Alljährlich legt der Wormser Oberbürgermeister am "Mahnmal für die Opfer des Faschismus" in einer öffentlichen Gedenkveranstaltung einen Kranz nieder. Mehrfach wurden in den letzten Jahren damit Veranstaltungen verbunden, bei denen Zeitzeugen berichteten und amnesty international über aktuelle Menschenrechtsfragen informierte.
Bereits in den vergangenen Jahren hat die Stadt Worms sich in Menschenrechtsfragen immer wieder engagiert. So sind zum Beispiel Publikationen entstanden wie "Auf den Spuren des Nationalsozialismus in Worms" (Worms-Verlag) oder Dokumentationen zum Schicksal der Wormser Juden 1933-45 sowie zum Schicksal der Zwangsarbeiter in Worms (Stadtarchiv Worms).
Die Stadt Worms ist seit Jahren Mitglied im Förderverein Projekt Osthofen, der die Gedenk- und Erinnerungsarbeit in diesem ehemaligen Konzentrationslager (1933/34) vor den Toren der Stadt angestoßen hat und gemeinsam mit der Landeszentrale für politische Bildung gestaltet.
Die Veranstaltungen im Bereich Interkultur und die Jüdischen Kulturtage sind ebenso Teil dieser antirassistischen Stellungnahme.
27. Januar - Gedenktag zur Befreiung von Ausschwitz
Am 27. Januar 1945 befreiten sowjetische Truppen das Konzentrationslager Auschwitz. Ihnen bot sich ein Bild des Grauens. Auschwitz ist ein Synonym für den beispiellosen Völkermord der Nazi-Diktatur an europäischen Juden, Sinti und Roma und für die Ermordung Oppositioneller, Homosexueller und Behinderter.
Diesem Tag sowie den Opfern des Völkermordes durch das Naziregime zum Gedenken, legt der Wormser Oberbürgermeister am 27. Januar vor dem Mahnmal am Lutherring einen Kranz nieder. Die Bevölkerung ist zur Teilnahme herzlich eingeladen.
Am Güterbahnhof verließen drei große Gruppen Wormser Bürger ihre Heimatstadt, um in die Vernichtungslager deportiert zu werden. Am 16.5.1940 waren es 61 Sinti und am 19. März und am 14. September 1942 waren es 174 Mitbürger jüdischen Glaubens. Der Ort, an dem sie ein letztes Mal den Boden ihrer Heimatstadt berührten, sollte auch ein Ort des Gedenkens an das Schicksal dieser Mitbürger werden. Zur Schaffung einer "Gedenkstätte Güterbahnhof" hat der Förderverein Projekt Osthofen in Abstimmung mit Ideengeber Karl Saulheimer ein Spendenkonto eingerichtet:
Kontonummer: 71 82 16 27
BLZ: 553 900 00
Der Förderverein kann als anerkannt gemeinnütziger Verein Spendenquittungen ausstellen. Dafür sollte auf der Überweisung die Anschrift mitgeteilt werden.
Am 10. September 1950 wurde das "Mahnmal für die Opfer des Faschismus" in der Grünanlage am Lutherring eingeweiht.
In seiner Eröffnungsrede ging der damalige Oberbürgermeister Heinrich Völker, der 1936 im Zug einer NS-Aktion gegen den sozialdemokratischen Widerstand verhaftet und zu Gefängnis verurteilt worden war, auf die Millionen Opfer der national-sozialistischen Gewaltherrschaft ganz im Sinn der Gedenktafel ein.
Im März 2013 wurde der Platz am Mahnmal nach Otto Wels benannt. Otto Wels hielt für die SPD-Fraktion die letzte freie Rede im Reichstag, mutig und unbeeindruckt von den Schmähungen der NSDAP-Abgeordneten.
Und er sprach einen Satz, der als Kern demonstrativen Mutes und aufrechter Entschlossenheit in die Geschichte eingegangen ist:
„Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht!“
Otto Wels wurde am 15.9.1873 in Berlin geboren. Mit 18 Jahren trat er in die SPD ein. Der gelernte Tapezierer engagierte sich in der Gewerkschaft und besuchte die Parteischule. Ab 1907 arbeitete er als Parteisekretär in Brandenburg und in der Pressekommission des „Vorwärts“. 1912 wurde er als Abgeordneter des Wahlkreises Calau-Luckau in den Reichstag gewählt. Ab 1919 war er Parteivorsitzender. Er leitete mit Carl Legien den Generalstreik während des gegen die Weimarer Republik gerichteten rechten „Kapp-Putsches“ und setzte sich später für die Gründung des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold und der Eisernen Front ein. Nach seiner Rede am 23. März 1933 im Reichstag stimmten alle 94 anwesenden Reichstagsabgeordneten der SPD gegen das von der NSADP eingebrachte „Ermächtigungsgesetz“. Über das französisch besetzte Saarland emigrierte Wels nach Prag und baute dort die Exilorganisation der SPD (SOPADE) auf. Ende 1938 wechselte er nach Paris und starb dort mit 66 Jahren am 16. September 1939.
[Rede zur Begründung der Ablehnung des „Ermächtigungsgesetzes“ durch die Sozialdemokratische Fraktion in der Reichstagssitzung vom 23. März 1933 in der Berliner Krolloper], in: Verhandlungen des Reichstags. VIII. Wahlperiode 1933. Band 457. Stenographische Berichte. Anlagen zu den Stenographischen Berichten. Sach- und Sprechregister, Berlin 1934, S. 32–34
Quelle:
www.reichstagsprotokolle.de/Blatt2_w8_bsb00000141_00036.html
Im Zuge der Wormser Gedenkarbeit sind mittlerweile umfangreiche Informationen zu Verfolgung und Widerstand in Worms zur Zeit des Nationalsozialismus zusammengetragen und im Stadtarchiv zugänglich gemacht worden. Weitere Recherchemöglichkeiten gibt es im Archiv der Gedenkstätte KZ Osthofen.
In der im Worms-Verlag erschienenen Broschüre "Auf den Spuren des Nationalsozialismus in Worms" wird weiterhin berichtet vom Schmuggel illegaler Flugschriften auf dem Rhein durch den jungen Kommunisten Philipp Wahl, vom Mut der jüdischen Lehrerin Herta Mansbacher, die sich den Brandstiftern an der Synagoge entgegenstellte, vom Schicksal der Elisabeth Groß aus Neuhausen, die wegen einer ganz alltäglichen Kritik am System verraten und in Plötzensee hingerichtet wurde und vom in Neuhausen aufgewachsenen Schriftsteller Georg K. Glaser, der als französischer Soldat gegen das nationalsozialistische Deutschland kämpfte. Dies sind nur einige Beispiele lokalen Widerstands, an die erinnert werden soll.
Auf den Internetseiten der „Gedenkstätte DeutscherWiderstand“ in Berlin finden Sie Informationen von Georg Elser und seinem Attentat auf Hitler am 8.11.1939 bis hin zum Widerstand des 20.7.1944.