Worms ist heute eine aufstrebende Stadt mit stetig wachsender Einwohnerzahl
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Bettler am Dom

Vor mittelalterlichen Kathedralen sind schon immer Bettler ihrem „Broterwerb“ nachgegangen. Vor dem Kölner Dom waren in kurfürstlichen Zeiten sogar die besten Plätze innerhalb von Bettlerfamilien weitervererbt worden. Auch der Wormser Dom dürfte in seiner tausendjährigen Geschichte schon unzählige von ihnen gesehen haben.

Südseite des Wormser Doms um 1936
Südseite des Wormser Doms um 1936
© Stadtarchiv Worms Abt. - Nr. 10513_2, Fotograf: -

"Broterwerb" vorm Südportal

Viele davon hatten über Jahre ihre festen Plätze, andere wiederum, vor allem nachdem an den Stadttoren nicht mehr kontrolliert wurde, waren auf der Durchreise.

Im Sommer vor vielleicht 15 Jahren hatte sich eines Tages ein noch jüngerer blonder Mann den Platz vor dem Südportal des Domes zum Betteln ausgesucht. Die Passanten wunderten sich damals, denn der Bettler machte von seiner äußeren Erscheinung her einen soliden Eindruck.
Er hatte wohl an der Südseite des Domes sein „Paradies“ gefunden, denn in den folgenden Wochen und Monaten war er tagtäglich an seinem festen Platz.

Erstaunliche Kenntnisse

Auch die Wintermonate konnten ihn davon nicht abhalten. Mit der Zeit konnte man dann Veränderungen an ihm feststellen. Während er am Anfang eine normale schlanke Figur hatte, wurde er auf einmal immer dicker und seine äußere Erscheinung ließ sehr zu wünschen übrig. Als er irgendwann damit begann, auf den Bodenplatten des Domvorplatzes ständig geometrische Muster abzulaufen, war zu erkennen, dass er wohl große psychische Probleme hatte. Bald danach sah man ihn nicht mehr.

Vor einigen Tagen ist mir wieder ein Bettler aufgefallen. Meine Frau und ich hatten gerade beim zweiten Anlauf den „Domdackel“ entdeckt, als uns jemand mit leicht sächsischem Akzent zurief: Kennen sie die Geschichte von dem Dackel? Ich drehte mich um und sah einen Bettler auf dem Boden sitzen, seine Almosenbüchse mit ein paar Kupfermünzen stand direkt vor ihm.

Es war ein ziemlich wilder Geselle mit zerzausten dunklen Haaren und ebensolcher Kleidung. So muss Tannhäuser ausgesehen haben, als er ruhelos durch die Welt irrte, ging es mir durch den Kopf.

Obwohl ich die Dackelgeschichte schon kannte, ließ ich den Mann erzählen und legte ihm hinterher etwas in seine Büchse. Für diese Spende wollte er auch noch von der Weltfrau erzählen, aber dies lehnte ich dankend ab.

Wie man sieht, auch bei den Bettelleuten gibt es ganz clevere. In den letzten Tagen wurden Domdackel und Weltfrau vom Thema Gemeindehausneubau verdrängt und die Wormser gingen auf die Barrikaden. Kein gutes Klima für Bettelleute! „Tannhäuser“ hatte es wohl bemerkt und ist weitergezogen.

von Norbert Falkenhage, Februar 2013

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